MOZ, 18.September 1996
Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. hilft auch den betroffenen Eltern
In unregelmäßiger Reihenfolge möchte die MOZ das Eisenhüttenstädter Vereinsleben ergründen. Falls sie ihren Verein und die Aktivitäten seiner Miiglieder hier vorstellen möchten, nehmen Sie bitte Kontakt mit unserer Redaktion auf, Telefon (0 33 64) 41 09 53.
Eisenhüttenstadt. Weihnachtsfeier, Ausflüge, Informationen - ein ganz normales Vereinsleben. Das in allerdings nur eine Seite der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderdung e.V, Ortsverein Eisenhüttenstadt. „Wir sind ein Zusammenschluß von Eltern und Freunden geistig Behinderter sowie Fachleuten", erklärt Heidemarie Gauger, Mitglied im Vorstand.
Nicht nur den Behinderten selbst, sondern auch den Eltern soll geholfen werden, Für die ist es nämlich oft schwer mit der Tatsache fertig zu werden, daß ihr Kind behindert ist. "Manche sind so hilflos, daßsie ihr Kind sogar verstecken", schildert Gauger, die gleichzeitig Leiterin des Wohnheims für Behinderte ist. Bei der Lebenshilfe können sich Eltern nicht nur mit anderen austauschen, sondern auch beraten lassen, beispielsweise zu Themen wie Pflegeversicherung.
Darüberhinaus gibt es noch den "Familienentlastenden Dienst", kurz FED. Stunden-, Tage-, oder wochenweise kann die Pflege des Kindes von ausgebildeten Fachkräften übernommen werden. Das Kind kann so in seiner vertrauten Umgebung bleiben. Denn wenn das Kind 24 Stunden gepflegt oder beaufsichtigt werden muß, brauchen die Eltern auch einmal eine Pause.
Die Eltern kommen meist erst, wenn die Kinder eingeschult werden. Durch eine frühe Förderung von der Geburt bis zur Einschulung kann eventuell eine drohende Behinderung abgewendet beziehungsweise abgemildert werden. Hierfür gibt es eine ambulante Frühförder- und Beratungsstelle der Lebenshilfe. Nach der Einschulung gibt es weitere Integrationshilfen, bei denen auch die Lehrer einbezogen werden. Auch an Ärzte haben die Mitglieder der Lebenshilfe Informationen verteilt. Sind sie doch die ersten, die von der Behinderung etwas bemerken. In dieser Broschüre werden den Medizinern Ratschläge gegeben, wie sie Eltern am besten von der Behinderung ihres Kindes informieren. Eine nicht einfache, aber sehr wichtige Aufgabe. Der vor sechs Jahren gegründete Verein zählt zur Zeit 50 Mitglieder und 20 Behinderte.
"Es ist schwierig Mitglieder zu finden", so Franka Hähnel, Projektleiterin für ABM-Kräfte. "Keiner will aktiv tätig werden." Wobei Eltern von behinderten Kindern meist wenig Zeit für zusätzliche Tätigkeiten haben. So bleibt auch die Arbeit im Vorstand immer an denselben hängen, wie beispielsweise an der Vorsitzenden Asta Junghardt.
Schwierig ist es auch an Gelder heranzukommen. Der Mitgliedsbeitrag beträgt 60 Mark. Damit ist natürlich nicht viel anzufangen. Ohne Spenden ist die Finanzierung schwierig. "Eine Kollegin sitzt gerade in der Bibliothek und wälzt das Stiftungshandbuch" erzählt Franke Hähnel, "um nach möglichen Quellen für Fördergelder zu fahnden."
Geziehlte Spenden, wie die 35.000 Mark von Boxer Henry Maske, sind da ehrer die Ausnahme. "Obwohl wir nie gedacht hätten, daß soviel gespendet wird, wie das in letzter Zeit der Fall war", ergänzt Heidemarie Gauger. Mehrere Betriebe haben Geld, aber auch Naturalien wie beispielsweise Geschirr gespendet
Die Arbeit der Lebenshilfe ist nur durch ABM-Stellen möglich. "Mit dem Wegfall dieser Stellen kommen große Probleme auf uns zu", gibt Franka Hähnel zu bedenken. Die Sparmaßnahmen der Regierung treffen die Schwächsten. Kerstin Krupp