Der Wohnzimmertisch von Stefanie Matheus ist voll mit Instrumenten: Bongos stehen dort in allen Größen, es gibt Rasseln und Glocken, eine Gitarre oder auch eine Kalimba. Die wohl außergewöhnlichsten Exemplare sind die "Ocean Drum" - eine mit Kugeln gefüllte Trommel, die sich in Bewegung anhört wie Wellenrauschen - und der Regenmacher, ein ebenfalls gefülltes Rohr, das das Geräusch des Regens simuliert. Die 37-jährige Musikerin aus Streichwitz, die sich in der Region als Sängerin bereits einen Namen gemacht hat, überlegt gerade, was sie an diesem Tag mit zur Therapiestunde nehmen wird.
Zum ersten Mal wird sie in der City WG, einer Außenstelle des Wohnheims "Vergissmeinnicht" der Lebenshilfe in Eisenhüttenstadt, die Betreuung von behinderten Menschen übernehmen. "Jeder ist musikalisch, eben auf seine eigene Weise", sagt die 37-Jährige, die staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerin ist. Schon lang träumt sie davon ihre größte Leidenschaft, das Singen, und ihren Beruf unter einen Hut bringen zu können.
Im Förder- und Beschäftigungsbereich der Oder-Neiße-Werkstätten in Eisenhüttenstadt kann sie das bereits seit einiger Zeit. Vier Gruppen betreut sie dort. "Ich arbeite immer im Jahreskreis", erklärt sie. So will sie den Teilnehmern die zeitliche und räumliche Orientierung erleichtern. Frühling, Sommer, Herbst und Winter, aber auch Anlässe wie Fasching sind dabei. Sie singt mit ihnen, vor allem aber lässt sie sie einfache Instrumente erproben. "Das ist für die meisten schon eine große Herausforderung", weiß Stefanie Matheus. Am wichtigsten ist ihr aber, dass ihre Gruppe Freude hat.
"Wenn ich sehe, dass die Menschen nicht mehr sprechen, aber mit mir singen, macht mich das glücklich", berichtet sie. Auch betreue sie eine Frau, die bisher nie direkt am Zirkel teilgenommen, aber immer nebenan gesessen hat. "Sie wollte einfach nicht. Ich habe ihr dann immer ein Instrument hingelegt und auch das hat sie zunächst viele Wochen nicht angefasst, aber mittlerweile probiert sie es manchmal aus", erzählt sie lächelnd Solche Momente bestätigen sie in dem, was sie tut.
Gern würde sie ihr Angebot, das beispielsweise auch die Vermittlung von Grundkenntnissen der Musik und das Kennenlernen verschiedener Musikrichtungen beinhaltet, in nächster Zeit ausweiten. Neben Behinderten möchte sie auch mit Kindern in Kindertagesstätten arbeiten. Um ihre bisherigen Kenntnisse noch weiter auszubauen, will sie ab dem Herbst einen zusätzlichen Kurs in Musik- und Klangtherapie in Berlin belegen. Der theoretische Teil wird dort im Selbststudium erledigt, Praxiswochen geben dann zusätzliche Impulse.
Zwar habe sie durch ihre Musik bereits zahlreiche Erfahrungen sammeln können und ist in der Lage diese zu vermitteln, dennoch erhofft sie sich von der zusätzlichen Qualifikation weitere Anreize. Denn, dass der Bedarf für Musik- und Klangtherapie in der Region durchaus besteht, das hat sie aus Gesprächen bereits entnehmen können.
Kontakt zu Stefanie Matheus unter 0172 1011968
Bei der Lebenshilfe ist das Geld hochwillkommen, bedankten sich Katrin Plink, Leiterin des Heims in der Maxim-Gorki-Straße, und Doris Keil Vorstandsvorsitzende des Lebenshilfe e.V. in Eisenhüttenstadt. Denn die Kostensätze für die ambulante Betreuung von behinderten Kindern steigt nicht. Spielgeräte und ähnliches müssen deshalb unter anderem über Spenden angeschafft werden. Entsprechend groß war auch die Freude bei den Kindern, dass mit dem Geld des SPD-Ortsverbandes bald Neues ausprobiert werden kann. Über die Frühförderstelle in der Maxim-Gorki-Straße werden derzeit 124 Kinder von zehn Heilpädagogen betreut, sagte Katrin Plink.
Vertreter der SPD nutzen die Gelegenheit, sich die Örtlichkeit zeigen zu lassen, informierten sich aber auch über die Arbeit und Probleme. Unter anderem, so Katrin Plink, sei es schwierig Fachpersonal zu finden.
Die Lebenshilfe in Eisenhüttenstadt beschäftig an ihren drei Standorten 102 Mitarbeiter, sagte Doris Keil.
Stadtspiegel 06.2001
Lebensraum auf Lebenszeit
„City WG“ steht in großen Lettern am schmuck ausschauenden Haus im Pionierweg, das viele Eisenhüttenstädter Bürger bislang als Schule für geistig behinderte Kinder kannten. Die Ortsvereinigung Eisenhüttenstadt e.V. Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung mit der Geschäftsstelle im Kastanienhof 1 – 2 konnte die Immobilie über einen kostenlosen Erbbaupachtvertrag nach Auszug der Pestalozzi Schule erwerben und mit einer Investition von 2,3 Millionen DM so herrichten, dass sich dort seit dem 04. Februar 2001 achtzehn mehrfachbehinderte Mitbürger/innen ab 18 Jahr auf Lebenszeit wohlfühlen und ein möglichst normales Leben führen können. Sie wohnen in Einzelzimmern, haben unter anderem Hubbadewannen, höhenverstellbare Waschbecken und einen Fahrstuhl zur Verfügung. Für alle ganz wichtig: Sie wohnen inmitten der Stadt, können in unmittelbarer Nähe Einkäufe tätigen und Kontakte zu Nachbareinrichtungen und Anwohner knüpfen.
Da ihnen Letzteres besonders wichtig ist, laden sie am 23. Juni, von 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr, zum Tag der offenen Tür ein. Es soll ein besonderer Tag der Gemeinsamkeit werden, nicht nur beim Rundgang durch das Haus, sondern ach im fröhlichen Beisammensein unter anderem mit der Blasmusik der Original Kaupetaler Musikanten, am Fahrzeug aus dem Feuerwehrmuseum und beim Grillen.
Die City WG ist die jüngste Errungenschaft de Lebenshilfe Ortsvereinigung, die mim vergangenen Jahr bereits ihr 10jähriges Bestehen beging. Sehr viel wurde in dem Jahrzehnt durch das unermüdliche Engagement der derzeit 60 Mitglieder erreicht., von denen 19 bereits seit der Gründung dabei sind. Die Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung Ortsverein Eisenhüttenstadt e.V. ist von betroffenen Eltern, Angehörigen und Freunden am 27.10.1990 gegründet worden. In der Satzung festgeschriebene Ziele sind unter anderen die flächendeckende Förderung der 0-6jährigen Kinder, die behindert oder von einer Behinderung bedroht sind; das Durchsetzen von Rechtsansprüchen auf Bildung für alle geistig behinderten Menschen; Angebote zur Familienentlastung und Familienunterstützung zu schaffen und zu erhalten; Freizeit und Sport; die Attraktivitätssteigerung des Wohnens in der Gemeinschaft für Menschen mit Behinderungen (familienähnliche Strukturen), Integrative Freizeit- und Begegnungsstätte und eine Geschäftsstelle mit integrierter Mitgliederbetreuung und Mitgliederberatung.
Viele wichtige Pfeiler wären zu nennen, die wesentlich zur positiven Entwicklung des Vereins beitrugen. Bereits seit dem 05.04.1991 ist der Verein Mitglied in der Bundesvereinigung Lebenshilfe.
Am 13.01.1992 wurde der Ortsverein in den Paritätischen Wohlfahrtsverband des Landes Brandenburg aufgenommen.
Am 27.01.1992 wurde die Werkstatt für Behinderte in freie Trägerschaft des Ortsvereins übernommen. Es erfolgte die Gründung des Oder-Neiße-Werkstätten-Vereins (Guben, Eisenhüttenstadt, Frankfurt (Oder). Die Ortsvereinigung ist Mitglied.
Am 01.05.1992 wurde die Geschäftsstelle in der Gubener Straße 32 eingerichtet.
Am 01.03.1993 erfolgte die Gründung des Familienentlastenden Dienstes – Einsatz unmittelbar in den Familien.
Am 01.03.1993 übernahm der Ortsverein die Trägerschaft über das Wohnheim (ehemaliges Kinderpflegeheim am Wasserturm) einschließlich des gesamten Personals und der Sicherung des Grundstücks.
Ende des Jahres 1993 begann der 1. Bauabschnitt für den Umbau der Tagesstätte des Wohnheimes „Vergißmeinnicht“ zum ersten familienähnlichen Wohnbereich für sechs Heimbewohner mit Unterstützung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.
Der 1. Spatenstich für den Neubau eines Wohnheimes für 18 Bewohner wurde am 30.09.1994 vollzogen. Im September 1995 konnte es eingeweiht werden.
Bereits seit dem 01.05.1996 besteht das Projekt Integrative Freizeit. Seitdem gibt es regelmäßige Angebote für Ferienfahrten, Tagesfahrten, Diskos und vieles andere mehr, die gern genutzt werden.
Am 25.07.1996 überreichte Henry Maske persönlich 35.000 DM für die Ausstattung der therapeutischen Räume des Wohnheimes
Im Frühjahr 1997 konnten 12 Bewohner in einer familienähnlichen Wohnstruktur im sanierten Hauptgebäude des Wohnheimes „Vergißmeinnicht“ Einzug halten.
Am 11.11.1999 öffnete die Integrative Freizeit- und Begegnungsstätte des Ortsvereins zum ersten Mal ihre Pforten.
Am 14.03.2000 war Baubeginn für die heutige City WG. Der Einzug der 18 Heimbewohner aus dem Heim „Vergißmeinnicht“ in das moderne neue Objekt trug wesentlich dazu bei, die Lebensbedingungen der Bewohner im Haus „Vergißmeinnicht“ zu verbessern. Hier lernen die behinderten Menschen im Rahmen ihrer Möglichkeiten eigenverantwortlich und unabhängig ihren Lebensalltag zu meistern. Die Förderung und Betreuung der schwermehrfachbehinderten Mitbürger in der Wohnstätte wird durch pädagogische qualifizierte Mitarbeiterinnen (Erzieherinnen, Heilerziehungspflegerinnen und Heilpädagoginnen) gewährleistet. Unterstützt werden die Fachkräfte von einem Stamm von Mitarbeiterinnen, die jahrelange Erfahrung in der Arbeit mit Schwermehrfachbehinderten haben, zum Teil medizinisch vorgebildet sind und pädagogische Fortbildungsmaßnahmen absolvieren. Insgesamt investierte das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen aus dem Investitionsprogramm „Pflege“ fünf Millionen DM in den gesamten Um-und Neubau des Wohnheimes „Vergißmeinnicht“ Berliner Straße und weitere 2,3 Millionen wurden in die City WG investiert. Im Förder- und Beschäftigungsbereich des Wohnheimes werden zur Zeit 25 Bewohner betreut, die nicht oder noch nicht in die Werkstatt für Behinderte integriert wurden, sowie zwei behinderte Frauen aus dem häuslichen Bereich. Für die einzelnen Förder- und Beschäftigungsangebote werden die hauseigene Wäscherei, eine Werkstatt, eine Turnhalle, die Snoszel-, Matsch- und Einzelförderräume, das Physiobad und die Gruppenräume genutzt. Durch die verschiedenen Angebote wied es den Betreuenden ermöglicht, Ich-, Sozial- und Sachkompetenzen anzubahnen, aufzubauen oder zu erweitern.
Die regelmäßige sinnvolle und auslastende Beschäftigung befriedigt die menschlichen Grundbedürfnisse nach produktiver Tätigkeit, nach sozialer Zugehörigkeit und gesellschaftlicher Anerkennung, Sie ist die Basis für Selbstwertgefühl, soziale Kompetenz und Lebensqualität.
Die ambulante und mobile Frühförder- und Beratungsstelle bietet Kindern von der Geburt an bis zum Schuleintritt eine individuelle ganzheitliche Einzel- und Gruppenförderung in den Bereichen Wahrnehmung, Motorik, Sprechausbildung und Sozialverhalten. Entsprechend dem Konzept der Frühförderung, liegt der Schwerpunkt der Arbeit in der Einbeziehung der Eltern, in der Zusammenarbeit mit den Ämtern, Ärzten und Therapeuten sowie in der Öffentlichkeitsarbeit.
Die Förderung findet durch die qualifizierten Mitarbeiterinnen der Lebenshilfe in der Kindereinrichtung oder im häuslichen Bereich statt.
Der Familienentlastende Dienst bietet Entlastung der Pflege- und Betreuungspersonen, natürlich und den Familien mit behinderten Angehörigen. Eine stunden-, tage- oder wochenweise Betreuung ist im gewohnten Umfeld der Behinderten, also Zuhause oder in betriebseigenen Räumen, möglich. Als weitere Dienstleistung werden unter anderem die Begleitung und Einzelfallbetreuung bei Freizeitaktivitäten, die Einzelfallbetreuung in der Schule einschließlich Pausen und im Rahmen der Pflegeversicherung angeboten.
Ziel der Integrativen Freizeit- und Begegnungsstätte im Kastanienhof 1-2 ist, für Menschen mit und ohne Behinderung attraktive Freizeitangebote zu schaffen. Dabei sollen Berührungsängste abgebaut, Akzeptanz und Toleranz gefördert und Erfahrungsbereich der Teilnehmer erweitert werden. Menschen mit Behinderungen werden hier unterstützt, ihre Bedürfnisse nach Kommunikation außerhalb des gewohnten Umfeldes von Familie oder Heim und nach selbstbestimmter Gestaltung der Freizeit zu erfüllen,. Ein reichhaltiges Angebot an Tischspielen fördert das gesellige Beisammensein.
Vereinsvorsitzende Asta Junghardt hat mit ihren Vorstandmitgliedern und Verbündeten viele weitere Pläne. So gibt es Vorhaben, den familienentlastenden Dienst in Kellerräumen der City WG durchzuführen, denn die sind von den behinderten Mitbürgern besser zugängig als die Räume im Kastanienhof 1-2. Voraussetzung dazu sind Instandsetzungsarbeiten und die kosten natürlich Geld. Mithilfe von Sponsoren ist nötig und wird gern angenommen.
Asta Junghardt, Vorstandsvorsitzende, verweist darauf: „Das Wichtigste ist, dass alle behinderten Menschen ein Leben so normal wie möglich führen können. Dazu brauchen sie unsere Hilfe. Wir wünschen uns möglichst viele junge Menschen, die sich mit für die Ziele der LH engagieren. Die Eltern behinderter Kinder und wir sehen es gern, wenn sich Bürger finden, die mit den Kindern und Jugendlichen einen Chor gründe, eine kleine Theatergruppe aufbauen oder sich auf andere Weise mit ihnen kulturell betätigen.“
Interessenten und Spendenwillige melden sich bitte bei der Geschäftsstelle.
Christa Kraft