bunt & komplex, Ausgabe 1/2019
Besondere Wohnformen
Mehrere Aufgänge in der Lindenallee wurden von der Eisenhüttenstädter Gebäudewirtschaft (GeWi) frisch saniert und innerhalb der letzten Monate an die neuen Mieter übergeben. Ziel der im Stadtzentrum gelegenen Einrichtungen ist es, eine selbstbestimmte und eigenverantwortliche Lebensweise von behinderten , älteren sowie auf Betreuung angewiesenen Menschen zu fördern und ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu vereinfachen oder gar erst zu ermöglichen.
Nach dem wichtigen Prinzip der Inklusion trägt die GeWi mit diesen Wohnprojekten dazu bei, dass Eisenhüttenstädter ihr Leben auch mit speziellen Bedürfnissen nach eigenen Wünschen und weitestgehend unabhängig gestalten können. Dafür wurden die Wohnhäuser nicht nur grundlegend saniert, sondern Grundrisse auch neu geplant und Ausstattungen modernisiert. Die zentrale Lage ermöglicht zudem einen einfachen und unmittelbaren Zugang zu einer guten Versorgungs- und Infrastruktur, z.B. zu Einkaufsmöglichkeiten, Arztpraxen, kulturellen Einrichtungen oder zum öffentlichen Nahverkehr.
Eine immense Nachfrage erfuhr das Wohnkonzept in der Lindenallee 49, das gemeinsam mit dem Verein Lebenshilfe Landkreis Oder Spree e.V. verwirklicht wurde. Zur Förderung von selbstbestimmten Leben für Menschen mit Behinderungen wurden mitten in der Stadt zwölf verschieden ausgestattete Zweiraumwohnungen neu gestaltet. Im Rahmen eines Tages der offenen Tür wurden potentielle Mieter, Angehörige und Interessenten über das Angebot und dessen Voraussetzungen informiert. Auch viele der erst zurückhaltenden Eltern und Angehörigen waren im Anschluss überzeugt, den Schritt zur Verselbstständigung ihrer Kinder zu gehen. Ein großer Ansturm folgte, sodass die Wohnungen schnell vergeben waren.
Seit Anfang Februar sind die Bewohner nun eingezogen. Ganz neu ist das Wohnformat jedoch nicht, denn bereits 2015 realisierte die GeWi auf Initiative der Lebenshilfe ein erstes Vorhaben mit 10 Wohnungen, darunter auch Wohngemeinschaften, direkt nebenan im Aufgang 51 der Lindenallee. Die Idee dafür entstand damals in Folge einer Problementwicklung. Es kristallisierte sich heraus, dass die Eltern einiger Bedürftigen immer älter wurden, sodass die Rahmenbedingungen für eine soziale Integration und qualifizierte Betreuung einbrachen. Mitarbeiter der Lebenshilfe hatten Projekte für bedarfsgerechtes Wohnen für Senioren in Eisenhüttenstadt verfolgt und sahen aufgrund ähnlicher Wohnbedürfnisse auch Potential für Menschen mit Behinderungen. Entgegen anfänglicher Ängste aller beteiligten Parteien, stellten sich für die Bewohner das 2015 verwirklichten Wohnkonzepts die Tagesabläufe schnell und gut ein, sodass sich der Erfolg rasch herumsprach.
Das zweite Projekt knüpft nun daran an. „Das ist gelebte Inklusion“, freut sich Doris Keil, Vorstandsvorsitzende der Lebenshilfe Landkreis Oder Spree e.V., im Rahmen der gemeinsamen Schlüsselübergabe mit der GeWi an Lisa-Marie Strauß, eine der neuen Mieterinnen und Mieter. „In ihrer ersten eigenen Wohnung hat Lisa-Marie die Möglichkeit, selbständig ihr Leben zu gestalten. Durch die Mitarbeiter der Lebenshilfe bekommt sie lebenspraktische Hilfe. Diese trägt dazu bei, dass sie sich in absehbarer Zeit in ihrem neuen Umfeld zurechtfindet. Neben dem betreuten Wohnen und einem Pflegedienst stehen ihr auch Leistungen des familienentlastenden Dienstes wie zum Beispiel Freizeitgestaltung und begleitetes Reisen“, so Doris Keil weiter.
Im Rahmen ihrer Projektrealisierung arbeitet die Eisenhüttenstädter Gebäudewirtschaft nach einem bestimmten Prinzip: Neu umgesetzte Wohnkonzepte werden ein Jahr lang analysiert, um Feedback und mögliche Schwierigkeiten herauszustellen, zu verarbeiten und Verbesserungen in künftige Konzepte einfließen zu lassen. „Wenn es gut läuft und sich Projekte bewähren, können sie entsprechend dupliziert werden“, so Hartrampf.
Weitere Projekte besonderer Wohnformen werden von der GeWi und ihren Partnern im Pfegebereich vorangetrieben und sind bereits für 2019 sowie kommendes Jahr fest eingeplant.
MOZ, 28.Januar 2019
Eisenhüttenstadt. Die ersten eigenen vier Wände, für Lisa-Marie ist ein Traum wahrgeworden. Lisa-Marie ist eine der ersten Mieter, welche in die sanierten Wohnungen Lindenallee 49 eingezogen ist. Dies ist schon das zweite Projekt, welches die Lebenshilfe Landkreis Oder Spree e.V. in Zusammenarbeit mit der Eisenhüttenstädter Gebäudewirtschaft (GEWI) umgesetzt hat. „Es ist nicht leicht, Vermieter von solchen Wohnkonzepten zu überzeugen. Umso mehr freuen wir uns mit der GEWI einen Partner an unserer Seite zu haben. Es ist ein Schritt zur Inklusion von Behinderten in die Gesellschaft. Durch die günstige Verkehrsanbindung zur Arbeitsstelle und die unmittelbare Nähe zu Geschäften, Kino, Postamt usw. wird den Behinderten ein normales Leben ermöglicht.“ ist Doris Keil, Vorstandsvorsitzende des Vereins überzeugt. „In ihrer ersten eigenen Wohnung hat Lisa-Marie die Möglichkeit selbständig ihr Leben zu gestalten.“
Natürlich sei Lisa-Marie nicht ganz auf sich alleine gestellt. Durch die Mitarbeiter der Lebenshilfe bekommt Sie lebenspraktische Hilfe. „Die Wohnkonzepte der Lebenshilfe sind ein fester Bestandteil zur Verselbständigung von Menschen mit geistiger Behinderung. Jedem Einzelnen wird damit ein Höchstmaß an persönlicher Selbstverwirklichung in unserer Gesellschaft ermöglicht“, sagt Doris Keil.
Das Miteinbezogensein sorge gleichzeitig für den Abbau von gesellschaftlichen Barrieren. „Ein Gewinn für die Behinderten, deren Eltern und die Stadt“, ist sich Doris Keil sicher. (red)
MOZ, 05./06. Januar 2019
Moblie Frühförderung in Oder-Spree
Er ist voller Spiele und Bücher, die Kindern in der Frühförderung helfen sollen. Wencke Gosemann fährt im Landkreis zu Kitas oder besucht Familien, deren Kinder Unterstützung benötigen. Oft geht es dabei um Entwicklungsverzögerungen, etwa, wenn Kinder nicht richtig sprechen. „Gerade für die Sprache ist es enorm wichtig, dass Kinder spielen“, betont Wencke Gosemann. Sie mache bei ihren Besuchen immer wieder die Erfahrung, dass in manchen Familien überhaupt nicht mehr gespielt wird.
Die Heilpädagogin hält das für problematisch. Denn gerade gemeinsames Spielen fördere die Konzentration, die Motorik und vermittle Disziplin, wie still am Tisch sitzenzubleiben. Damit würden jüngere Kinder auch schon auf die Schulzeit vorbereitet.
Frühförderung beschreibt generell die Förderung von Kindern mit Entwicklungsauffälligkeiten vom Säuglingsalter bis zum Schuleintritt. Kosten für heilpädagogische Maßnahmen werden durch örtliche Sozialhilfeträger gestemmt, eine nötige medizinische Betreuung finanzieren die Krankenkassen.
Die junge Frau verbucht bei ihrer Arbeit immer wieder Erfolgserlebnisse: „Es gibt Kinder, die zuerst gar nicht sprechen und dann nach und nach auftauen.“ In manchen Fällen könne es auch helfen, dass ein Spielkamerad ein Kind, das die Frühförderung benötigt, während der Termine unterstützt.
Beliebt sind laut Gosemann Lernspiele, die spielerisch Buchstaben und Zahlen erklären. Während ihrer Arbeit mit den Kleinen spricht die Heilpädagogin viel, wiederholt Reime oder man singt gemeinsam: „Wichtig ist, das man auf natürliche Art miteinander spricht und nicht irgendetwas runterstottert.“ Doch ihre Arbeit ist nicht einfach nur ein Spieletreff: Gezielt werden kognitive Fähigkeiten trainiert, in Lernkästen werden etwa Zahlen von 1 bis 12 trainiert. Gosemann möchte sich auf Augenhöhe mit den Kindern beschäftigen, ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Bei jedem Treffen dürfen sich die Kinder zum Schluss auch ein Spiel aussuchen. „Ich finde es total schön, zu sehen, wie die Kinder daran wachsen“, schwärmt sie von ihrer Arbeit.(lb)
Fragen zu Möglichkeiten der Frühförderung beantwortet die Lebenshilfe Oder-Spree unter Tel. 03364 7695210 in Eisenhüttenstadt.